Eisschnellauf-Weltcup Heerenveen

AUTHOR: Redaktion Saturday, December 3, 2005 TOPIC: Eisschnelllauf

2. Tag: Friesinger schlägt Klassen mit Klassezeit

1500 m Damen
Auch dem zweiten deutsch-kanadischen Weltcup-Duell von Heerenveen mangelte nicht an Spannung. Kristina Groves hatte 1:56,28 min vorlegte, doch Friesinger konterte atemberaubend und lief mit 1:54,66 eine Weltklasssezeit – die schnellste je im Flachland gelaufene Zeit. Doch WR-halterin Cindy Klassen blies im letzten Paar zum Angriff, lag auch nach 1100 Meter vorn, doch konnte das Tempo nicht halten – die Uhr blieb bei 1:54,72 stehen. Claudia Pechstein wurde 5., Daniela Anschütz und Savine Völker kamen auf die Plätze 10 und 12. Nicht in die Weltcuppunkte lief Katrin Kalex (12. der B-Gruppe).

Anni Friesinger: “Die Zeit hat mich total verblüfft. Ich konnte es kaum glauben, als ich auf die Anzeigetafel schaute. Ich bin sehr schnell angegangen und konnte das Tempo auch auf der Schlussrunde mit 31 Sekunden durchstehen. Dieser Sieg tut mir sehr gut. Wir zwei sind momentan etwas besser als der Rest der Welt. Allerdings haben mit Jennifer Rodriguez und Chiara Simionato heute zwei starke Läuferinnen gefehlt. Auf Flachlandbahnen gab es noch nie ein so schnelles Rennen. Das war ein tolles Rennen, und Cindy ist ganz nah dran.”

Claudia Pechstein (hinsichtlich starken Kanadierinnen): “Wir Deutschen sind auch nicht so schlecht drauf. Wir sollten die Ruhe bewahren. Was zählt, sind die Rennen in Turin.”

10’000 m Herren
Heerenveen erlebte den bislang schnellsten 10-km-Wettbewerb der Eisschnelllauf-Geschichte. Nachdem schon die Norweger Lasse Sߦtre und Eskil Ervik knapp an Jochem Uytdehaages (Niederlande) Weltrekord von Olympia 2002 (12:58,92) gelaufen waren, unterbot ihn zunächst Chad Hadrick (USA; 12:58,25), ehe Carl Verheijen (Niederlande) die Bestmarke auf 12:57,92 schraubte. Damit hat mit Heerenveen nach Jahren wieder eine europäische Eisbahn wieder einen Weltrekord auf einer Einzelstrecke.

Auch Jens Boden lief mit 13:26,89 eine starke Zeit, so schnell ist seit drei Jahren kein Deutscher mehr gelaufen (nur er selbst bei Olympia 2002 sowie einmal Frank Dittrich waren schon einmal schneller), doch angesichts der weltweiten Leistungsexplosion reichte dies nur für Platz 16. Robert Lehmann wurde mit neuer persönlicher Bestleistung (13:54,66) 20.

In der B-Gruppe schlugen sich Marco Weber und Marco Schneider mit persönlichen Bestleistungen wacker und belegten die Plätze 2 und 5. Für Weber reicht das für den Aufstieg in die A-Gruppe, während Lehmann, Boden und Schneider, die im Weltcup auf den Plätzen 21, 22 und 24 liegen, um die Möglichkeit, ihre Olympianorm zu komplettieren, bangen müssen. Sie können nur für den Fall des Verzichts mehrerer qualifizierter Läufer in die A-Gruppe aufrücken.

Mannschaftsrennen Damen
Mit Mannschafts-Weltrekordhalterin und -Weltmeisterin Daniela Anschütz, ihrer Goldgefährtin von Inzell, Sabine Völker, sowie Katrin Kalex war diesmal für Deutschland ein rein Erfurter Trio am Start. Bis zur letzten Zwischenzeit hatte die Mannschaft auf Kurs Treppchenplatz gelegen, doch nach einer verpatzte Schlussrunde langte es nur zu Platz elf (Nationenwertung: Platz neun). Katrin Kalex konnte auf den letzten Runden Völkers und Anschütz’ Tempo nicht mehr halten. Den Sieg holten sich die Niederlande vor Kanada und Russland.

Im Mannschaftsrennen der Damen war Deutschland durch den Sieg in Calgary bereits für die Winterspiele qualifiziert (außerdem haben bisher ein Turin-Ticket: Kanada, Niederlande, China, Russland). So konnten sich Claudia Pechstein und Anni Friesinger ohne Gewissensbisse auf ihren ohnehin anstrengenden Doppelstart über 5000 und 1500 Meter konzentrieren.

1. Tag: Pechstein bei “Länderkampf” Deutschland – Kanada nur knapp geschlagen

5000 m Damen
Spannend ging es in der 5000-m-Entscheidung von Heerenveen zu: Anni Friesinger hatte starke 6:58,64 Minuten vorgelegt. Im vorletzten Paar hatte es Claudia Pechstein mit Cindy Klassen (Kanada) zu tun, die sich das ganze Rennen über knapp unter Friesingers Zwischenzeiten orientierten. Zwei Runden vor Schluss schien Klassen das Rennen für sich zu entscheiden zu haben, doch mit einer Super-Schlussrunde zog Claudia Pechstein noch knapp an ihr vorbei: Klassen 6:57,98 – Pechstein 6:57,33. Im letzten Paar allerdings blieb Clara Hughes (Kanada), die sich an pechsteins Zwischenzeiten orientieren konnte, knapp unter deren Zeit (6:56,45). Als Fünfte brachte sich Martina Sablikova (Tschechien) mit dem neuen Juniren-WR von 7:01.56 min ebenfalls als olympische Medaillenkandidatin ins Gespräch. Mit persönlichen Bestzeiten kamen Daniela Anschütz (7:04,11) und Lucille Opitz (7:15,43) auf die Plätze 8 und 17. Hingegen verfehlte Claudia Irrgang (mit 7:30.26 min Elfte der B-Gruppe) ihre Bestzeit deutlich.
Claudia Pechstein: “Ich bin rundum zufrieden, obwohl ich natürlich gerne gewonnen hätte. Aber ich ziehe das Positive heraus – es war ein Superlauf. Natürlich ist es ein bisschen ärgerlich, dass es nicht zum Sieg gereicht hat, aber ich kann Platz eins nicht abonnieren. Ich hoffe, bei Olympia ist das Ergebnis wieder andersherum.”

Anni Friesinger: “Ich wollte gern aufs Stockerl. Aber dennoch war es ein Super-Einstand auf den 5000 Metern. Ich sehe das Rennen mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Zum einen war ich knapp dran an meiner persönlichen Bestzeit aus dem Olympia-Rennen. Zum anderen ist es schade, wenn man so knapp das Podest verpasst. Mit einer stärkeren Gegnerin wäre noch ein bisschen mehr drin gewesen.”
Clara Hughes: “Ich kann nur hoffen, dass ich bis Turin die Form halten kann. Aber eines ist klar: Alles läuft auf ein Duell Kanada gegen Deutschland heraus.”

1500 m Herren
Mit dem Bahnrekord von 1:45,39 Minuten bewies der einheimische Simon Kuipers eine glänzende Form und gewann vor Chad Hedrick (USA) und Enrico Fabris (Italien). Von den deutschen Startern überzeugte nur Christian Breuer, der in 1:47:78 Minuten Platz elf belegte. Die anderen vier Deutschen liefen in der B-Gruppe, die von den überraschend starken Italienern dominiert, die in Heerenveen änliche und teils besser Zeiten hinlegten wie jüngst auf den schnellen Bahnen in Calgary und Salt Lake City (einschließlich Fabris) und im übrigen als einzige Nation auch im Mannschaftsrennen schneller liefen als in Calgary. Jan Friesinger wurde in der B-Gruppe Neunter, Jörg Dallmann 12., Stefan Heyhausen 17. sowie Danny Leger 24.

Mannschaftsrennen Herren
Zunächst überraschte hier die deutsche B-Mannschaft mit Danny Leger, Robert Lehmann und Tobias Schneider, die mit ihren 3:49,51 Minuten bis vor den letzten Paaren mit ganz vorn rangiert. Die “Erste” mit blieb mit Christian Breuer, Jörg Dallmann und Stefan Heythausen nur sechs Hunderstel schneller und belegte damit am Ende Rang acht (Nationenwertung: Rang sieben). Den Tagessieg holten sich die Niederlande vor Kanada.

Welche Aussichten hat Deutschland noch, sich für die Winterspiele zu qualifizieren? Nach den Regeln sind neben Gastgeber Italien zuerst die drei Sieger der Weltcuprennen (bisher Niederlande und Italien), dann die Zweitplatzierten (keine anderen Nationen) sowie die Drittplatzierten qualifiziert (kommt Russland als Calgary-Dritter dazu). Zu diesen vier Qualifikanten gesellen sich sich die drei Erstplatzierten von Turin (falls dies nicht eine der genannten Nationen ist). Danach wird entsprechend des Weltcup-Klassement aufgefüllt. Wenn die drei Erstplatzierten von Turin aus den Top-8 kommen, würde Deutschland Platz acht reichen. Dafür muss man aber kommende Woche unbedingt noch einmal so viel, dass man die Nachplatzierten auf Distanz halten kann oder, falls einer der Nachplatzierten weit nach vorn läuft, Japan (derzeit 7. mit einem Punkt mehr als Deutschland) zu schlagen.

Ergebnisse

2. Tag extra: “Ich will nach Turin” – Gespräch mit Jens Boden

Jens Boden Jens Boden, eigentlich sollte man zu dieser Zeit gratulieren können, seit 3 Jahren war kein Deutscher schneller, der dazugehörige Platz ist aber sicher kein Jubelgrund.

Stimmt. Für mich selbst bin ich mit der Zeit zufrieden, vielleicht wäre auch noch ein klein wenig mehr gegangen, aber nicht so viel wie viele andere hier schneller laufen. Wie andere hier loslaufen, das gibt einem schon zu denken.

Nach drei wenig überzeugenden Jahren scheint’s, dass Sie nun wieder zurückkommen. Woran liegts?

Wenn ich in den vergangenen Jahren gewusst häte, woran’s liegt, hätte ich ja es schon viel eher geändert. Ist wirklich schwer zu sagen. Vielleicht die Umstellung des Trainings, die wir zwar schon vor der vorherigen Saison vorgenommen haben, aber die vielleicht in dieser Saison erst richtig anschlägt.

Vielleicht auch der neue Familienstand? (Boden hat im Sommer geheiratet – d. R.)

Ganz so einfach ist es sicher nicht, denn wenn allein das helfen würde, hätten wir bestimmt noch einige Eisschnellläufer-Hochzeiten mehr. Aber wenn im privaten Umfaled alles okay ist, mit oder ohne Ring, ist man auch im Sport besser drauf. Ich bin jedenfalls derzeit sportlich recht locker drauf.

Trotzdem ist die Turin-Qualifikation noch nicht sicher.

Stimmt. Heute hab ich ja erstmal Platz 16. Viel wird davon abhängen, ob die Punkte für die A-Gruppe über 5000 m in Turin reichen werden. Ich will es jedenfalls schaffen, in Turin dabeizusein!

Sie sprachen von einer Umstellung im Training. In welche Richtung?

Die Trainingsgruppe ist ja durch einige Abgänge kleiner geworden, und allein kann man einfach nicht mehr die Umfänge trainieren wie in einer starken Gruppe. So haben wir die Umfänge reduziert und mehr Wert auf Qualität gelegt, mal ganz vereinfacht gesagt.

Gespräch: Matthias Opatz
Foto: Lars Hagen – Alle Rechte beim Bildautor