Am Schlusstag hätte Arian Nachbar (Rostock) die gute Bilanz der deutschen Männern perfekt machen können, doch der Schiedsrichter stoppte seinen Einzug ins 1000-m-Halbfinale, in das er als Viertelfinal-Zweiter eingezogen schien. Nachbar wurde disqualifiziert, was kontrovers diskutiert wurde. “Aus meiner Sicht völlig zu Unrecht”, sagte DESG-Shorttrack-Cheftrainer Jürgen Dennhardt, “er war an dem Sturz des Kanadiers Tremblay nicht beteiligt.” Einige ausländische Trainerkollegen teilen seine Ansicht. Das eigentlich Pikante an der Situation war, dass es der Schiedsrichter nicht für nötig erachtete, die Videoaufzeichnung der Szene anzufordern, was seit einigen Jahren problemlos möglich ist. “Das hat mich auch geärgert”, sagte DESG-Sportdirektor Günter Schumacher, “ich werde mich im Rahmen meiner Möglichkeiten in der ISU dafür einsetzen, dass so etwas im Interesse der Sportler künftig geschieht.”
So blieb Nachbar statt der möglichen einstelligen Platzierung nur Rang 18 über 1000 m, Tyson Heung wurde 22. Der in Dresden lebende Deutschkanadier war als 13. bester deutscher im Mehrkampf, wo er im Weltcup nach drei von vier Wettbewerben auf Rang neun rangiert.
Im Mehrkampf der Damen wurde Yvonne Kunze (Dresden) 12., auf den Einzelstrecken blieb ihr aber ein Top-Erfolg ebenso versagt wie den anderen Damen. “Einige Male agierten unsere Damen glücklos oder hatten unlösbare Ansetzungen, ein paarmal fehlte ihnen aber auch die nötige Courage oder taktisches Geschick”, sagte Dennhardt, “doch das eigentlich Tragische ist das Abschneiden der Damenstaffel, die nach Platz 10 nun in Den Haag nur noch eine Minimalchance hat, sich unter die acht Olympiateilnehmer zu laufen, von denen Italien ohnehin gesetzt ist.”
Sportlicher Höhepunkt des Sonntags war der 1000-m-Weltrekord der 16jährigen Südkoreanerin Jin Sun-Yu, die in 1:30,037 gewann und damit die erst sechs Wochen alte Bestmarke der Chinesin Wang Meng (1:30,216) unterbot. Weltmeisterin Jin gewann auch die 1500 und 3000 Meter, im Mehrkampf und mit der südkoreanischen Damenstaffel. Lediglich über 500 Meter gab es durch Wang Meng einen chinesischen Sieg. Den Mehrkampf der Herren entschied 1500-m-Olympiasieger Apolo Ohno (USA) für sich. Ohno gewann die 1500 und 3000 Meter. Über 500 Meter setzte sich Weltmeister Ahn Hyun Soo (Südkorea) durch, über 1000 Meter sein Landsmann Lee Ho-Suk. Auch im Staffelrennen gewannen Südkoreas Männer.
Ausblick zum Weltcup-Finale kommendes Wochenende in Den Haag, zugleich zweite Halbzeit der Olympiaqualifikation:
Andre Hartwig war am zweiten Tag des zur Olympiaqualifikation zählenden Weltcups in Bormio im deutschen Lager der Held des Tages. In dem wegen des Riesenfeldes von 84 Läufern über kraftraubende sechs Runden (Vorlauf, Zwischenlauf, Achtel-, Viertel und Halbfibale sowie Endlauf) ausgetragenen 500-m-Wettbewerb lief sich der 22jährige Rostocker bis ins Halbfinale und belegte auf der Distanz Platz acht. Dnach lief er mit Thomas Bauer, Sebastian Praus und Tyson Heung im 5000-m-Staffel-Halbfinale und belegt Platz drei sowie insgesamt Platz sechs (zugleich beste europäische Staffel). Damit hat die deutsche Herren-Staffel eine ausgezeichnte Ausgansposition für einen Start bei Olympia. Der zweite Teil der Ausscheidung um die Nationenquoten findet in einer Woche in Den Haag statt.
“Andre Hartwig hat das beste aus seinen Ansetzungen gemacht, was möglich war”, sagt Shorttrack-Cheftrainer Jürgen Dennhardt, “Super-Leistung von ihm. Aber auch die anderen beiden Männer haben nicht enttäuscht.” Sowohl Arian Nachbar als auch Tyson Heung kamen zweimal weiter. Für Nachbar reichten im Viertelfinale starke 42,1 Sekunden gegen den späteren Sieger Ahn (Südkorea) und Terao (Japan) nicht zum Weiterkommen. Bei den Damen verfehlte Yvonne Kunze mit 44,972 und 44,957 Sekunden zweimal knapp ihren Deutschen Rekord (44,932), was aber dennoch nicht fürs Viertelfinale reichte. Kunze wurde 19., auch Susanne Rudolph und Christin Priebst bleiben als 21. ebenfalls unter den ersten 32 wie alle Männer (Nachbar 24., Heung 31.). Wer in der kombinierten Nationenwertung der Weltcups Bormio und Den Haag zweimal unter den ersten 32 liegt, kann zwei Einzelstartplätze für Turin bekommen (vorbehaltlich einer Nominierung durch das nationale NOK).
“Vor Den Haag wird noch nicht groß gefeiert”
Andre, herzlichen Glückwunsch zu diesem Ergebnis über 500 Meter. Wohl kaum einer hatte erwartet, dass Sie heute schon vor dem Staffelrennen fünfmal starten würden. Sie sicher auch nicht …
Was heißt erwartet – darüber nachdenken und träumen tut man schon, aber das und die Realität sind hat zwei verschiedene Dinge. Heute hat einfach alles gepasst …
Außer im Halbfinale, wo Sie gestützt sind.
Naja, es war schon der zweite Start, nachdem beim esrten Start drei Läufer geafllen waren. Da haben sie beim zweiten Start, als es mich erwischte, nicht nochmal zurückgeschossen, aber ich will mich nicht beschweren, mehr wäre auch so kaum dringewesen.
Nach diesem Programm noch die Staffel, ist man da nicht fix und fertig?
Naja, ich hab die Beine schon ganz schön gemerkt im Staffelrennen, aber am Sonntag habe ich ja keinen Einsatz. Und da es in der Staffel um viel ging, war schonen auch kein Thema.
Wird am Sonntag beim Bankett, den es ja nach jedem Weltcup gibt, richtig gefeiert?
Naja, nur ein bisschen, richtig feiern ist vor dem Weltcup in Den Haag kein Thema. denn Bormio ist ja erst die erste Halbzeit der Olymia-Qualifikation, wir müssen auch in Den Haag noch einmal gut durchkommen.
Am Ende eines mehr als neunstündigen Mammutwettbwerbs mit dem Rekordfeld mit 31 Staffeln sowie 153 Einzelstartern aus 37 Nationen lagen sich Arian Nachbar, Andre Hartwig (beide Rostock), Sebastian Praus (Mainz) und Tyson Heung (Dresden) in den Armen. Zum Auftakt des dritten von vier Weltcups der Shorttracker hat die deutsche Herren-Staffel in Bormio (Italien) nach turbulenten Vorrunden das Halbfinale erreicht und somit gute Karten auf eine Qualifikation für die Olympischen Winterspiele in Turin. Hingegen haben die Damen nach dem Ausscheiden im Viertelfinale und Platz zehn nur noch eine Minimalchance, beim zweiten für die Olympiaqualifikation zählenden Weltcup in einer Woche in Den Haag auf einen der sieben Startplätze (neben Gastgeber Italien) für die Olympischen Winterspiele zu gelangen.
In der ersten Einzelentscheidung hatten sich zuvor Olympiasieger Apolo Ohno (USA) und Weltmeisterin Jin Sun-Yu die Siege über 1500 Meter gesichert. Die deutschen Starter hatten mit der Entscheidung nichts zu tun, platzierten sich aber mit allen drei Damen und mit zwei Herren unter den ersten 32, was für die Länderquotierung bei Olympia wichtig ist. Christin Priebst wurde 21., Yvonne Kunze (beide Dresden) 24. und Aika Klein (Rostock) 27. Bei den Herren landeten Sebastian Praus (Mainz) und Tyson Heung (Dresden) auf den Plätzen 21 und 23.
Die Staffelrennen wurden zu Nervenproben für alle Beteiligten. Die Damen hatte es im Vorlauf (=Viertelfinale) mit Weltmeister Kanada, Vize-Europameister Frankreich sowie Nordkorea zu tun. Noch am Mittag waren die Nordkoreanerinnen noch gar nicht in Bormio eingetroffen (ihre 1500-m-Startplätze blieben frei), dann kamen sie doch und liefen gleich an die Spitze. Doch nach achtjähriger internationaler (Staffel-)Abstinenz und entsprechend fehlener Erfahrung liefen sie zwar schnell, aber mit ihren unorthodoxen Stil würden sie zu einer echten Herausforderung für die überholwilligen Mannschaften. Schließlich lieferten sich aber nur noch Deutschland und Frankreich das Rennen um den zweiten Halbfinalplatz. Am Ende waren die Franzosen 0,8 Sekunden schneller – vielleicht waren es die beiden Wechselfehler, de das DESG-Quartett mit Yvonne Kunze, Christin Priebst (beide Dresden), Susanne Rudolph (Grafing) und Aika Klein (Rostock) das weiterkommen kosteten.
Dafür reichten am Ende für die Männer 0,8 Sekunden gegenüber Großbritannien zum Weiterkommen. Nachdem die Männer den Vorlauf überstanden hatten, liefen sie auf schwerem Eis im dritten der drei Viertelfinalläufe, in denen die je drei Erst- und Zweitplatzierten und die beiden zeitschnellsten Dritten das Halbfinale buchen sollten, gegen Südkorea, China und Belgien. Es galt nicht nur die belgier zu schlagen, sondern vor allem schneller als Großbritannien zu sein, die als Dritter im ersten Lauf 7:11,803 Minuten vorgelegt hatten. Sie lagen bis zur 35. von 45 Runden knapp unter den englischen Zwischenzeiten, als sich im Positionskampf ein Belgier und Arian Nachbar ineinander verhakten und stürzten – plötzlich lag man sowohl hinter Belgien als auch hinter den Zeiten der Briten. Mit Riesenkampf konnten nicht nur die Belgier noch überholt werden, sondern am Ende die zeit der Briten auch um jene 0,8 Sekunden geknackt werden: 7:11,022.
Dem Shorttrack-Cheftrainer der DESG, Jürgen Dennhardt, fiel ein Riesen-Stein vom Herzen. “Knapp aber verdient”, sagte er, “damit sind wir noch nicht im Ziel, aber wir haben einen wichtigen Schritt Richtung Turin getan. Für die Damen-Staffel wird es allerdings jetzt ganz, ganz schwer, noch ein Olympiaticket zu ergattern. Für sie geht es in Den Haag um alles oder nicht. Aber auch die Männer müssen noch einmal gut durchkommen.”