Fast gähnende Leere auf dem Berliner 400m Oval in Hohenschönhausen. Nur ein Athlet dreht allein seine Runden: der Eissprinter Nico Ihle. Während die DESG-Skater längst in Gangneung sind, zieht der Chemnitzer die Berliner Ruhe vor. „Wir hätten nach Inzell oder Erfurt gehen können. Wir haben uns für Berlin entschieden. Hier bereiten wir uns schon seit Jahren vor“, erklärt Trainer Klaus Ebert. „Nicht nur wegen der alten Gewohnheiten. Hier passt alles. Wir werden so behandelt, als gehören wir zu den Berlinern. Das fängt bei der Eisbereitung an und hört bei der medizinischen Betreuung auf“, fügt der 32–Jährige hinzu. „Unlängst wollte ich nach dem Training in die Sauna. Da haben die Kollegen die Sauna nur für mich noch einmal angeheizt. Ich weiß nicht, ob man das andernorts ebenfalls so selbstverständlich gehandhabt hätte.“
Nico wohnt mit Ehefrau Anni und den zwei Kindern in Lichtenstein. „Er ist sehr bodenständig. Unsere Freiluftbahn in Chemnitz ist in die Jahre gekommen. Sie ist wellig und der Wind pfeift von allen Seiten. Gerade eine solche Herausforderung muss ein Athlet annehmen, wenn er Topleistungen bringen will“, zeigt Trainer Klaus Ebert seine harte Kante. Ansonsten scheinen sich die zwei Sachsen gesucht und gefunden zu haben. Klaus Ebert gehörte einst zu den Chemnitzer Eistanz-Glanzzeiten (Baier/Rüger) zu den Spitzentänzern auf Kufen. Bei diesem Sport kommt es auf die Genauigkeit der Schritte und Spuren an. „Die Akribie hat sich der Trainer erhalten. Er achtet exakt auf jedes technische Detail und das ist beim Sprint, wo zwischen Gold und Blech manchmal nur Tausendstel liegen, unheimlich wichtig“, betont Nico.
Klaus EbertDer aktuelle Vizeweltmeister über 500 Meter rast deshalb nicht stereotyp um die Berliner Bahn. „Fünf Kilometer reichen. Mehr braucht ein Sprinter nicht. Dafür gehen wir lieber in den Kraftraum“, sagt Nico. In den ersten Tagen spannte sich noch Denny als „Lokomotive“ vor Nico. Jetzt startet der ältere Bruder bei einem Wettkampf in Inzell. „Berlin ist übrigens sehr preiswert“, gibt Trainer Ebert zu und erklärt: „Nico ist bescheiden. Er wohnt im Internat, verpflegt werden wir im Sportgymnasium. Manchmal gehen wir auch nebenan in die Brauereigaststätte. Da gibt es meist gutes Mittagessen.“ Was es „5 vor 12“ noch zu optimieren gibt? Am Startverhalten wurde gearbeitet, dort kann der Chemnitzer ein paar Hundertstel herausholen. Und aus der Kurve kann er noch mehr Kraft auf die Gerade übertragen. „Aber sonst ist alles stabil.“
Bis Sonntag bleibt das Männer-Duo in Berlin, dann fliegt Nico mit einem genauen Trainingsplan in der Tasche nach Südkorea: Genau dieses Timing funktionierte auch bei der Einzelstrecken-WM vor Jahresfrist. „Für mich ist dann Pumpe. Ich bin ja eigentlich schon Rentner, habe aber bis zum Sonntag noch einen Vertrag. Die Spiele schaue ich mir zu Hause in Chemnitz auf dem Sofa an.“ (Am 19.2. die 500 m und am 23.2. die 1000 m). Ob sich der 66-Jährige dann in den Schaukelstuhl schwingt? Mal sehen. Im nächsten Jahr sprinten die Kufenflitzer in Inzell um die WM-Titel und da will Nico unbedingt noch einmal aufdrehen.