Natürlich herrscht wieder Kaiserwetter in Klobenstein. Das Hochplateau am Ritten mit der sagenhaften Aussicht auf die umliegenden Berggipfel ist ein Kleinod. Auch für Europas Top-Eisschnellläufer, die ab Freitag ihre Besten im Großen Vierkampf und dem Sprint-Vierkampf ermitteln. “Ganz gleich in welchem Hotel Du bist, man wird hier verwöhnt”, skizziert Nico Ihle die Gastfreundschaft der Südtiroler.
Der Haken ist nur: die Arena liegt im Freien, nicht Jedermanns Sache unter den Kufenflitzern. Allerdings beherbergte Klobenstein schon einmal die EM und richtete einen Weltcup aus, Ende November galt es in Japan, die Offene Bahn in Tomakokai zu beherrschen. Nico, der zuhause in Chemnitz ohne Dach über dem Kopf trainiert, empfindet das als kleinen Vorteil. Und ihm behagt das Stakkato von je zwei Starts über 500 und 1000 m. Bei der letzten WM in China verpasste er das Podest nach vier Rennen nur um Haaresbreite.
Das Eis in Klobenstein ist bestens präpariert, nur der Wind beeinträchtigt die Skater gelegentlich. Es soll kalt und sonnig werden am Wochenende. Für die DESG tritt Joel Dufter als zweiter Eisflitzer im EM-Sprint an. Der Inzeller unterstrich in Heerenveen mit Rang 6 (über 1000 m) seine gute Form. Aus dem Chiemgau reiste auch Gabi Hirschbichler über den Brenner. Für beide gilt jedoch: Klobenstein ist ein feines Amuse Gueule, richig getafelt aber wird Anfang Februar beim der (Heim-)WM in der Max-Aicher-Arena.
Auch Nico muss relativieren. Er liegt im Gesamtweltcup besser denn je, musste aber auch erleben, dass ihn bei der immens engen Spitze ein paar Hundertstel nach hinten spülten. Deshalb ist er “top motiviert” für die EM, “aber es kann auch anders kommen.“ Der 31-Jährige bildete vor allem mit Bruder Denny eine TG (Trainings-Gemeinschaft), fand es herausfordernd, das Pogramm auf eigenes Risiko anzuändern, zum Beispiel mehr Schnellkraft-Übungen aufzunehmen. “Aber bilanzieren, ob es der richtige Weg war, kann ich erst nach der WM.”
Neue Namen bringt die DESG im Mehrkampf an den Start, wenn nach den 500 m die 3000 m (Damen) resp. 5000 m (Herren) auf dem Programm stehen. Und am Schlusstag abgerechnet wird, wer – nach den 1500 Metern – ins Marathonfinale über 5/10 km einzieht. Neben Roxanne Dufter, die schon früher auf den langen Kanten Potenzial andeutete, die in Thialf 4:05,381 Minuten über 3000 m lief, reiste Michelle Uhrig kurzfristig an – da Claudia Pechstein aufgrund der Rückenbeschwerden auf die EM verzichtete. Bei den Jungs kann Felix Maly seine (gute) Weltcupserie fortsetzten. Der 24-Jährige bringt sich – seit der DM in Inzell – in Stellung. Der Debütant heißt Lukas Mann (19), da Patrick Beckert andere Akzente setzt. Der Berliner, Kind einer Eisschnelllauf-Familie (Mutter Anja war Olympiateilnehmerin), beeindruckte als Junior, was den damaligen Bundestrainer Jan Coopmans vor zwei Jahren zur Aussage animierten: “Unsere 17-Jährigen sind auf Augenhöhe mit den Gleichaltrigen” Gesundheitliche Probleme stoppten Lukas Karriere, der sich aber zurückkämpfte, es bei der DM im November 2018 über 5000 m aufs Podest schaffte, beim Junioren-Weltcup (in Tomaszow) Silber im Massenstart gewann. Sein Heimatverein BSV 92 jedenfalls verabschiedete das Talent mit vielen guten Wünschen zum ersten Kräftemessen “beim Konzert der Großen”. Auf geht’s, Lukie.